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SONNENFINSTERNIS-BERICHT
TEIL II

Sonne / Sofi 99

Sofi Bericht  Teil 1

Sofi Bilder

DIE HEISSE PHASE

Die partielle Phase dauerte ca. 83 min. Während dieser Zeit habe ich unregelmäßig Fotos geschossen, schließlich stand für mich das Erlebnis im Vordergrund und nicht, zu kontrollieren, ob jemand auf die Sekunde genau richtig gerechnet hat. Bis ca. 10 Minuten vor dem 2. Kontakt war kein Unterschied zu einem normalen Tag wahrzunehmen: Es erschien alles gleich hell, die Sonne brannte unbarmherzig wie an jedem Sommertag. Ich habe den Countdown-Timer auf 2 min 15 sec eingestellt, wir waren ja fast auf der ZL. Das Bettlaken lag schön glatt auf der Wiese, den Blitz am Photoapparat habe ich schon etwas vorher ausgeschaltet und die Aufnahmen mit Selbstauslöser gestartet, damit nichts verwackelt. Hier merkte man auch als erstes, dass es immer dunkler wurde: Die Belichtungszeit für die Photos wurde immer länger. Ungefähr 10 Minuten vor der Totalität habe ich auch das Diktiergerät eingeschaltet und in meine Brusttasche geschoben. Dadurch konnte ich einfach meine Eindrücke schildern, ohne dazu jeweils auf die Uhr zu schauen oder Notizen machen zu müssen.

Dann allmählich werden vage Veränderungen deutlich: Die Sonnenstrahlen verlieren an Kraft, so wie es bei Sonnenuntergang auch immer kühler wird. Das Irritierende dabei ist: Es gibt keine Dämmerung! Die Sonne steht hoch oben und wird einfach schwächer. Die Schatten werden etwas blasser. Das Problem ist hier jedoch, dass man keinen direkten Vergleich hat. So wie sich die Augen der zunehmenden Dunkelheit anpassen, bemerkt man den langsamen Wechsel der Himmelshelligkeit, der Schattenschärfe und des Schattenkontrastes auch erst kurz vor der Totalität.

Dann folgen die letzten Minuten, die Zeiten habe ich anhand der Aufnahme mit dem Diktiergerät ermittelt:
Noch ca. 4 min: Der Westhimmel ist dunkler als der Osthimmel
Noch ca. 3 min: Die Schatten sind nun deutlich schärfer, so ist nun z. B. der Schatten einzelner Haare erkennbar, wenn man auf den Boden schaut (auch hier bewährt sich schon das Bettlaken!). Das Licht hat sich aufregend verändert. Sowohl die Stimmung als auch die Veränderung des Lichts sind aber eigentlich nur schwer zu beschreiben.
Noch ca. 2,5 min: Die Effekte werden noch deutlicher, der Westhimmel ist nun schon deutlich dunkler als der im Osten. Noch keine fliegenden Schatten. Die Sonne blendet immer noch so, dass es nahezu unmöglich ist, raufzuschauen. Obwohl die Sichel am Teleskop schon sehr schmal und spitz ist, ist davon bei einem (sehr kurzen) Blick mit bloßem Auge noch nichts zu erkennen. Ich habe immer noch meine Sonnenbrille auf, um an die folgende Dunkelheit etwas besser angepasst zu sein.
Noch ca. 1,5 min: Fliegende Schatten! Vorher habe ich mich gefragt, warum es davon kaum Fotos oder Filmaufnahmen gibt, jetzt weiß ich es sofort: Sehr schwache, ca. 5 cm breite dunklere Streifen huschen im Abstand von 20 bis 50 cm mit einer Geschwindigkeit von mehreren Metern pro Sekunde von Ost nach West. Sehr kontrastarm und nur auf dem Bettlaken und anderen größeren weißen Flächen erkennbar.
Unser Hund Hera schläft nun schon tief und fest, seit wann ist allerdings unklar. Venus ist schon auffällig zu sehen. Gleichzeitig bereitet eine Wolke Sorgen, die sich der Sonne unaufhaltsam nähert...
Die letzte Minute: Nun überschlägt sich tatsächlich alles. Es herrscht ein sehr seltsames Licht, als ob die Luft bläulich gefärbt ist. Der unheimliche Eindruck entstand durch die "verkehrte Dämmerung" (die Horizonte sind heller als der Zenit!) im Westen ist es fast Nacht, im Osten aber noch hell. Die Emotionen (Anspannung, Aufregung, Freude) sind unbeschreiblich, da muss ein wahnsinniger Adrenalin-Kick im Gange sein. Nun ist am Teleskop auch endlich die Mondbewegung direkt sichtbar: Die Spitzen der Sonnensichel laufen langsam auf einander zu, die Sichel wird dünner. Dann kommen die ersten Mondberge und eine schöne, dynamische Perlschnur entsteht.
 
Totalität: Die Perlschnur war am TAL schön zu sehen, aber zum Diamantring, den ich mit bloßem Auge beobachten wollte, fehlte der Ring. So wurde der letzte Lichtpunkt nur immer kleiner und dunkler und zack, die Korona wird angeknipst und die Totalität ist da! Ich springe sofort ans Okular, um die Chromosphäre in ihrem schönen Rot nicht zu verpassen. Einige Protuberanzen schweben majestätisch in einem schönen Rosa rundherum über dem Sonnenrand, andere stehen noch im Kontakt zur Sonnenoberfläche. Bis jetzt habe ich kein Photo gefunden, das all diese Details gut wiedergibt. Die Chromosphäre ist nach einigen Sekunden auch vom Mond bedeckt. Dann ein Blick nach oben. Die Korona ist bis zu einem Abstand von ca. einem halben Sonnendurchmesser gut zusehen, mit zartem rosa Flaum um die pechschwarze Scheibe und steht in einem wahnsinnigen Kontrast zu dieser. Im Bereich der Protuberanzen ist die Korona besonders strahlig und mit einigen Bögen versehen, was man besonders gut am Teleskop erkennt. Um möglichst viele Eindrücke zu sammeln, schaue ich nun auf die Landschaft. Nun ist es im Osten schon fast genauso dunkel wie im Westen, die Mitte der Totalität ist also schon bald da. Die schon erwähnte Wolke nimmt Kurs auf die Sonne, also noch mal raufschauen. Ein grandioser Anblick. Sterne entgehen mir aber vollständig, ich sehe nur Venus. Mir fällt ein, das ich meinen Countdown vergessen habe, egal. Es ist tatsächlich so dunkel (ich habe nun die Sonnenbrille natürlich abgenommen), dass man auf Anhieb nichts mehr lesen könnte und aufpassen muss, nirgends drüberzustolpern. Ich schaue wieder nach oben, um das „Sperlingsche Gesetz“ auszutricksen. Die Korona ist so, wie es sich für die Sonne im Maximum gehört, der Helligkeitsabfall nach außen hin ist recht stark. Doch dann, nach ca. 80 Sekunden schiebt sich die Wolke vor die Scheibe. Im Nachhinein empfinde ich dies sogar als Vorteil. Die Phänomene auf und um der Sonne herum habe ich schon beobachtet, nun kann ich mich in Ruhe auf die Landschaft und die allgemeine Stimmung konzentrieren. In der Ferne rundherum am Horizont erkennt man orange leuchtende Schönwetterwolken, die außerhalb des Totalitätsstreifen liegen. Mir fällt auf, dass vom vielzitierten Finsterniswind nichts zu spüren ist, es ist nahezu windstill. Der schon wieder viel hellere Westen zeigt an, dass die Totalität gleich vorbei sein muss. Und tatsächlich, nach 2 min und 17 sec flammen die ersten Hügel im Westen wieder auf und eine Sekunde später  wird hinter der Wolke das Licht wieder "angeknipst".
Danach: Zum Glück habe ich auf die Fliegenden Schatten schon vor der Totalität geachtet, denn bis sich die Wolke nach drei Minuten wieder verzogen hat, war davon auch nichts mehr zu sehen. Ein Blick aufs Thermometer gleich nach dem Ende der Totalität zeigt, dass die Temperatur von 28° (Mitte partielle Phase) auf 24° gefallen ist. Da die Augen sich an die Dunkelheit angepasst haben, erscheint es mir nach ca. fünf Minuten schon wieder so, als sei nichts geschehen. Nun wacht auch unser Hund wieder auf und wundert sich wohl, warum alle so aufgedreht sind. Nach wenigen Minuten verlassen die Ersten schon wieder das Feld, nur sehr wenige bleiben bis zum 4. Kontakt. Nach ca. zwanzig Minuten haben sich alle Wolken durch die wieder zunehmende Lufttemperatur komplett aufgelöst. Ich nutze die Zeit, um noch einige Eindrücke aufs Diktiergerät zu sprechen und mache wieder Photos von der partiellen Phase.
Heimfahrt: Nach dem 4. Kontakt wird noch der Rest eingepackt, und es geht am Plattensee und manchen Sehenswürdigkeiten vorbei wieder heim. Dabei sind wir allerdings nicht allein, auf nahezu allen Straßen in Richtung Nord-Westen winden sich z. T. dichte Schlangen von Autos aus den verschiedensten Ländern. Es hat sich gelohnt!
Fazit: Eine Sofi ist ein Muss für jeden Interessierten. Irgendwann wird es mich bestimmt noch mal zu einer ziehen, die sollte dann aber ein wenig länger sein. Man wird von dem Erlebnis trotz Vorbereitung überrollt, obwohl man ja weiß, was einen erwartet. Die Stimmung ist schlicht unbeschreiblich (Gänsehauteffekt!). 
Wie man auch an der Textlänge oben erkennen kann, ist selbst eine 99,9% partielle oder entsprechend eine ringförmige Sonnenfinsternis absolut nicht vergleichbar mit einer totalen.

 

 

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